191: Motivation der Entwicklung
Piaget hat selbst keine Motivationstheorie entwickelt, aber die genetische Epistemologie hat eine implizite Motivationstheorie: Ungleichgewichte innerhalb oder zwischen Strukturen drängen den Menschen, sie zu beseitigen. Diese Idee, dass Konflikt der Motor von Entwicklung bzw. Lernen aufgrund von kognitiven Konflikten zustande kommt, ist sehr spannend. Große Bedeutung für die Äquilibration von Strukturen hat die Reversibilität der Operationen, auf denen Sie beruhen. Reversibilität -- die Möglichkeit, Transformationen rückgängig zu machen -- tritt [...] mit den konkreten Operationen auf und wird durch die formalen Operationen vollendet.
Piaget; Erkenntnis; Erkenntnistheorie; Epistemologie!genetische; Reversibilität; Motivation;
{piaget} 'Ingrid Scharlau' (2007) : Jean Piaget zur Einführung
193: Strukturen als Systeme von Wechselbeziehungen
Allgemein können Strukturen als Systeme von Wechselbeziehungen unter ihren Elementen sowie zwischen diesen Elementen und dem Ganzen definiert werden. Nach Piaget sind dabei drei Merkmale notwendig: »Eine Struktur besitzt erstens Totalitätsgesetze, die andere sind als die ihrer Elemente und die es sogar ermöglichen, von derartigen Elementen ganz abzusehen. Zweitens sind diese Eigenschaften der Gesamtheit Transformationsgesetze. [...] Drittens beinhaltet jede Struktur eine Selbstregelung im zweifachen Sinn. Ihr Aufbau führt niemals über ihre Grenzen hinaus und benötigt niemals etwas von außerhalb dieser Grenzen.«
Piaget; Erkenntnis; Erkenntnistheorie; Epistemologie!genetische; Reversibilität; Motivation;
{piaget} 'Ingrid Scharlau' (2007) : Jean Piaget zur Einführung
194: Strukturbegriff
Vorteilhaft am Strukturbegriff ist, das er auf Denken und Welt, Bewusstsein und Materie angewandt werden kann. Erkenntnis und Weltstrukturen sind gleichermaßen real. [...] Auch Welt und Natur sind durch Strukturen gekennzeichnet. Der Strukturbegriff ist so in sich neutral gegenüber der Unterscheidung zwischen Denken und Welt, die als Dualismusproblem die neuzeitliche Philosophie und Wissenschaft plagt.
Piaget; Erkenntnis; Erkenntnistheorie; Epistemologie!genetische; Reversibilität; Motivation;
{piaget} 'Ingrid Scharlau' (2007) : Jean Piaget zur Einführung
195: menschliche Aktivität assimiliert
Jede menschliche Aktivität setzt voraus, dass eine subjektive Struktur zur Anwendung kommt, die einen Gegenstand assimiliert. Da diese besonderen und konkreten Gegenstände niemals vollständig bekannt sind und die Handlungsschemata zudem immer von einem gewissen Allgemeinheitsgrad sind, müssen die Strukturen bei ihrer Anwendung notwendig Anpassungsprozessen unterzogen werden, seien diese auch noch so minimal.
Piaget; Erkenntnis; Erkenntnistheorie; Epistemologie!genetische; Reversibilität; Motivation;
{piaget} 'Ingrid Scharlau' (2007) : Jean Piaget zur Einführung
196: Assimilation
Piaget unterscheidet [...] zwischen reproduzierender, generalisierender und wiedererkennender Assimilation, also zwischen Assimilationen, die ein Handlungsschema wiederholt auf den selben Gegenstand anwenden, solchen, die ihren Anwendungsbereich erweitern, und solchen, deren Gegenstandsbereich sich ausdifferenziert. Die beiden letztgenannten Funktionen sind für eine Theorie des Erkennens von großer Bedeutung, da sie eine Grundlage für den Aufbau von Allgemeinbegriffen bilden.
Piaget; Erkenntnis; Erkenntnistheorie; Epistemologie!genetische; Reversibilität; Motivation;
{piaget} 'Ingrid Scharlau' (2007) : Jean Piaget zur Einführung